Notfalltestament: Wann ist es zulässig?
Dreizeugen-Testament: Typen und Voraussetzungen

Dr. Markus Wessel

Die Verfasser des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) hatten sicherlich nicht die heutigen Entwicklungen wie Kreuzfahrten oder die Verbreitung des Corona-Virus im Sinn. Doch sie erkannten die Notwendigkeit, dass es Situationen geben könnte, in denen ein Testament sofort erforderlich ist, selbst wenn ein Erblasser oder ein Paar weder einen Notar erreichen noch ein eigenhändiges Testament verfassen kann. Ein solcher Fall kann eintreten, wenn ein Erblasser plötzlich zu schwach ist, um zu schreiben. In diesem Szenario kann er zwar keinen Notar erreichen, jedoch noch einen Bürgermeister, bei dem er seinen letzten Willen mündlich erklären kann. Dieses Dokument wird daher als Bürgermeister-Testament bezeichnet. Auf einer Seereise kann das Testament vor drei Zeugen erstellt werden, und dieses Schriftstück trägt den Namen See-Testament.

Bürgermeister-Testament

Um ein gültiges Bürgermeister-Testament zu erstellen, muss der Erblasser seinen letzten Willen in Anwesenheit von zwei Zeugen vor dem Bürgermeister mündlich erklären und ein schriftliches Dokument mit der Bezeichnung "Testament" übergeben, in dem sein Wille schriftlich festgehalten ist. Wenn das Dokument anschließend dem Erblasser vorgelesen und von ihm, dem Bürgermeister und den beiden Zeugen unterzeichnet wird, liegt ein rechtsgültiges Bürgermeister-Testament vor. Dies gilt auch, wenn der Vorgang der Testamentserstellung zunächst nur durch das Diktat des Bürgermeisters auf Band aufgezeichnet und erst nach dem Tod des Erblassers in einer von dem Bürgermeister und den beiden Zeugen unterzeichneten Niederschrift festgehalten wird. Diese Entscheidung wurde vom Bayerischen Obersten Landesgericht in einem Beschluss vom 08. Dezember 1995 – 1Z BR 80/95 – getroffen.

See-Testament und Not-Testament

Das See-Testament kommt in Frage, wenn ein Erblasser sich auf See auf einem deutschen Schiff außerhalb eines inländischen Hafens befindet. In diesem Fall kann er ein Testament mündlich vor drei Zeugen gemäß § 2250 Abs. 3 erstellen, und diese Urkunde wird als Not-Testament bezeichnet.
In allen drei Fällen, in denen der Erblasser kein Testament erstellt, greift zwangsläufig die gesetzliche Erbfolge oder ein älteres, nicht mehr aktuelles Testament, das der Erblasser möglicherweise vor vielen Jahren verfasst hat. Wenn der Erblasser, dessen Lebensmittelpunkt sich in Deutschland befindet, jedoch beispielsweise aufgrund von COVID-19 oder einer anderen Krankheit im Krankenhaus liegt und kein (aktualisiertes) Testament mehr erstellen kann, kann er dies in einer mündlichen Erklärung tun. Diese Erklärung muss von einem Dritten schriftlich niedergelegt und von drei Zeugen unterzeichnet werden, was als Bestätigung dient, dass die Erklärung des Erblassers korrekt aufgezeichnet wurde.

Welche Voraussetzungen müssen für ein Nottestament erfüllt sein?

Um ein wirksames Nottestament zu erstellen, müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein:

  1. Die Erblasserin muss testierfähig und geschäftsfähig sein.
  2. Die begünstigten Erben dürfen nicht an der Erstellung eines Nottestaments beteiligt sein – dies gilt auch nicht für den Ehepartner oder Lebenspartner, es sei denn, beide setzen ein gemeinsames Testament auf.
  3. Die Todesgefahr im Sinne des § 2250 BGB muss objektiv vorliegen, das bedeutet, dass der Tod des Erblassers vor dem Eintreffen eines Notars oder Bürgermeisters zu befürchten ist.
  4. Die Zeugen müssen die Sprache des Erblassers verstehen.
  5. Wenn ein deutscher Erblasser ein Nottestament in einem anderen Land erstellt, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, kann das dortige Recht möglicherweise maßgeblich

Oberlandesgericht: Urteil aus dem Jahr 2000

Um ein Nottestament gemäß § 2250 Abs. 3 BGB zu erstellen, muss der Erblasser testierfähig sein, das heißt, er muss bei klarem Verstand und geschäftsfähig (volljährig) sein. Wie das Oberlandesgericht vor 20 Jahren entschieden hat, können die mündliche Erklärung des Erblassers und die Vorlesung und Genehmigung der Testamentsniederschrift in einem einzigen Verfahren zusammengeführt werden. Diese Rechtsprechung wurde in einer neueren Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf bestätigt. (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 03. März 2017 – I-3 Wx 269/16 –)
Im Fall von 2000 hatte die Erblasserin, die sich in stationärer Behandlung in einem deutschen Krankenhaus befand, am späten Abend die Befürchtung, dass sie den nächsten Morgen nicht überleben würde. Zu diesem Zeitpunkt waren zwei Krankenschwestern anwesend, denen sie ihren letzten Willen diktierte und sich danach erneut in Gegenwart des hinzugekommenen Arztes vorlesen ließ. Anschließend unterschrieben die drei Zeugen das Testament und bezeugten, dass die Erblasserin bei klarem Bewusstsein und in der Lage war, zu bestimmen, was sie wollte. Die nicht berücksichtigten Angehörigen haben versucht, gegen dieses Nottestament vorzugehen, jedoch bestätigte das Oberlandesgericht die Formwirksamkeit der Urkunde.

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